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Green Deal NRW | Green Employer erklärt

Green Employer

Das Basismodell erklärt

Hier finden Sie ...

... ausführliche Erläuterungen zu der Funktionsweise des Basismodells Green Employer. Klicken Sie einfach auf die einzelnen Elemente des Akkordeon Elementes und die dazugehörigen Erklärungen werden eingeblendet.

Die Elemente des Basismodells kurz erklärt

Qualität des Arbeitsplatzes

Die Bemühung um gute Arbeitsbedingungen zahlt sich nicht nur im Thema Nachhaltiges Wirtschaften aus, sondern hat überdies eine Reihe von positiven Effekten: Ihre Beschäftigten sind seltener krank, können sich für Ihr Unternehmen umfassend engagieren und können gut mit gelegentlich auftretenden Stressphasen umgehen. Am besten stellen Sie sicher, dass ihre Beschäftigten ausreichende Handlungs- und Entscheidungsspielräume haben und im Bedarfsfall von Kolleg*innen unterstützt werden. Auch eine gute und sensible Führung zahlt sich dabei aus.

Sie können die Qualität Ihrer Arbeitsplätze verbessern indem Sie beispielsweise:

1. eine Gefährdungsanalyse psychischer Belastungen durchführen

2. eine Arbeitsplatzbegehung durchführen und mit den Stelleninhaber*innen sprechen

3. Führungskräfte für das Thema gesundheitsförderliches Führungsverhalten schulen

4. Beschäftigte dazu ermuntern, Vorschläge zur Verbesserung des Arbeitsplatzes zu unterbreiten

Ökologisches Mindset

Um sich ressourcen- und umweltschonender im Unternehmen zu verhalten, ist ein „ökologisches Mindset“ notwendig, also ein bestimmtes Denkmuster beziehungsweise eine ökologische Normvorstellung, die tief in uns verankert ist. Menschen wollen verstehen, warum sie Dinge tun sollen, wie sich ihr Verhalten in gesellschaftlichen Normen einbettet und welche Wirkungen von ihrem Verhalten auf andere Menschen und die Umwelt ausgeht. Die Stärkung des ökologischen Mindsets beinhaltet genau diese Aspekte in Bezug auf Nachhaltigkeit.

Sie setzt sich zusammen aus

dem Bewusstsein für Nachhaltigkeit,

dem Wert für Nachhaltigkeit

und dem Handlungswissen über Nachhaltigkeit.

Bewusstsein für Nachhaltigkeit

Unter einem ökologischen Bewusstsein verstehen wir, dass Menschen eine Wahrnehmung dafür entwickeln, dass ihre unmittelbare Umwelt bedroht ist und dass sie durch ihr Verhalten maßgeblich zu negativen ökologischen Folgen beitragen. Um dieses Bewusstsein zu stärken, muss Problemwissen vermittelt werden. Dies kann durch Informationsbroschüren, Plakate, Vorträge, Führungsmeetings, Mitarbeitergespräche etc. geschehen, wobei der Kreativität hier kaum Grenzen gesetzt sind. Wichtig dabei ist, die folgenden Aspekte zu beachten:

Aufmerksamkeit: Wissen wird nur dann aufgenommen und verarbeitet, wenn Menschen einen Fokus auf die zu vermittelnden Inhalte legen. Dazu sollten die Beschäftigten möglichst aktiviert – auch physiologisch – werden. Die Botschaften sollten die Menschen dort abholen, wo sie mit ihren eigenen Problemen stehen und zudem schnell und einfach erfassbar sein. Niemand wird sich eine Formel einprägen, die das Ausmaß umweltschädlichen Verhaltens abschätzt.

Involviertheit: Wissen wird dann besonders gut eingeprägt, wenn sich die Personen mit den Botschaften bzw. dem Thema besonders gut identifizieren können oder wenn sie direkt betroffen sind, ganz nach dem Motto „Wie viel Strom verbrauche ich eigentlich und ist das viel oder wenig? Involviertheit bedeutet aber auch, die Ideen der Beschäftigten miteinzubeziehen und davon ausgehend ein höheres Level an Bewusstsein zu erreichen.

Konkret, verständlich, ehrlich: Die zu vermittelnden Informationen sollten nicht abstrakt, sondern direkt mit konkreten Verhaltensbeispielen verknüpft sein. Sie müssen möglichst glaubwürdig sein und eine realistische Perspektive bieten. Niemand wird von heute auf morgen auf alles gesundheitsschädliche gleichzeitig verzichten wollen und können. Daher gilt es, nicht mit den komplexesten Zusammenhängen und Forderungen zu beginnen. Auch die Besprechung von Klimakrisen kann bei der Erhöhung des Bewusstseins eine Rolle spielen. Hierbei solle man aber möglichst nüchtern vorgehen. Die Skizzierung des Weltuntergangs löst zwar einen starken emotionalen Impuls aus (z. B. Ängste), führt aber zugleich zu Gefühlen der Hilflosigkeit und regt damit nicht zu einer Anpassung der Denkmuster an.

Wert für Nach­hal­tig­keit

 

Das Ziel hier ist, das Verantwortungsgefühl der Beschäftigten zu erhöhen. Die Botschaft „Ich will etwas tun, weil mir das Thema wichtig ist und ich nicht länger untätig bleiben kann.“ stellt dabei den Ausgangspunkt dar. Hierbei kann es eine gute Strategie sein, im Austausch mit den Beschäftigten das Commitment zu erhöhen, also eine Art Selbstverpflichtung zu nachhaltigen Werten. Verpflichten wir uns selbst zu mehr umweltschützendem Verhalten, dann ist es umso wahrscheinlicher, dass wir uns im Alltag auch daran halten werden. Bei solchen Selbstverpflichtungen kann es hilfreich sein, dass

diese aufgeschrieben, statt nur besprochen werden,

diese  im Unternehmen öffentlich gemacht werden und nicht nur privat bleiben,

und dass diese nicht unter Zwang erfolgen.

Viele Menschen wollen sich nachhaltiger verhalten, wissen aber oft keine bessere Alternative außer bspw. den Verzicht. Handlungswissen aufzubauen bedeutet daher, dass Menschen konkrete Handlungspläne für sich erarbeiten, die zu mehr Nachhaltigkeit führen. Wenn Menschen konkrete Handlungsbeispiele kennen, stärkt das ihre Überzeugung, mit dem eigenen Verhalten einen tatsächlichen Einfluss auf die Umwelt zu haben. Zu wissen, in welchem Kontext welche Handlungen einen positiven oder negativen Einfluss auf z. B. die Ökobilanz des Unternehmens haben, stärkt also die Selbstwirksamkeitserwartung. Diese Beispiele helfen im Aufbau eines breiten Handlungswissens:

Relevanz und Nützlichkeit: Handlungsoptionen aufzeigen und direkt mit ihrer Effektivität verknüpfen

Positive und negative Verhaltensbeispiele kennen lernen: Situationen bestimmen, in denen nachhaltiges oder weniger nachhaltiges Verhalten gezeigt werden kann und welchen Unterschied in der Ökobilanz das macht

Einfache Verhaltensalternativen: zunächst Verhaltensweisen fördern, die auch ohne größeren Aufwand gezeigt werden können

Fehlerkultur stärken: Ermutigung, Fehler zu machen, wenn man neue, nachhaltige Verhaltensweisen ausprobiert

Vorwissen nutzen: Vorwissen der Beschäftigten miteinbeziehen und weiterentwickeln ist besser als völlig neue Handlungsempfehlungen zu geben

Transfer fördern: neues Handlungswissen kann nur gespeichert und in der jeweiligen Situation wieder abgerufen werden, wenn die Übertragbarkeit bereits bei der Wissensvermittlung trainiert/besprochen wurde

Spezifisch für die jeweilige Arbeitsumgebung: Informationen über nachhaltige Verhaltensweisen und ihre Effektivität sind wirkungsvoll, wenn sie auf die spezifischen Gegebenheiten am Arbeitsplatz und die dort auftretenden Situationen angepasst sind

Wahrgenommene Nachhaltigkeitskultur

Hierbei geht es darum, ob die Unternehmensleitung, die Führungskräfte, Betriebsräte und all diejenigen Gruppen mit Vorbildfunktion im Unternehmen nachhaltiges Handeln und Wirtschaften auch wirklich leben. Fast alle Veränderungsprozesse im Unternehmen scheitern, wenn sich die Entscheider*innen im Unternehmen nicht authentisch und entschlossen an den Zielen für mehr Ökologie und Nachhaltigkeit orientieren und ihr eigenes (Arbeits-)Verhalten danach ausrichten.


Das Nachhaltigkeitsklima im Unternehmen kann gesteigert werden durch:

Kampagnen: Warum nicht mal eine Nachhaltigkeitswoche probieren? Oder eine Woche lang gesundes, vegetarisches Essen ohne Geschmacksverzicht? Wichtig bei diesen Kampagnen ist, dass sie authentisch bleiben und nicht wie ein Fremdkörper im Unternehmen wirken. So, wie üblicherweise Veränderungen im Unternehmen kommuniziert werden, können auch Kampagnen initiiert werden.

Selbstverpflichtung des Managements: So wie die Selbstverpflichtung bei Einzelnen einen positiven Effekt hat, ist es wichtig, dass sich auch die Entscheider*innen im Unternehmen konsequent und ohne Ausreden an den strategischen Zielen von Ökologie und Nachhaltigkeit messen lassen. Das Klima in einem Unternehmen wird zu großen Teilen durch das Verhalten der Führungskräfte geprägt, weshalb genau diese Gruppe mit gutem Vorbild vorangehen sollte.

Unternehmenskultur schärfen: In fast jedem Unternehmen besteht ein Werte- und Normensystem, wie zusammengearbeitet werden soll und welche gemeinsamen Ziele verfolgt werden. Hier bietet es sich an, das Thema Nachhaltiges Wirtschaften mitaufzunehmen und dann auf konkrete Ziele in den Abteilungen/Bereichen herunterzubrechen.

Sichtbarmachen von (Zwischen-)Zielen: Die Vergegenwärtigung von Etappenzielen hilft dabei, dass das übergeordnete Ziel zu nachhaltigen Verhalten und Wirtschaften präsent bleibt und nicht wieder in Vergessenheit gerät. Kontinuierliches Feedback zu Soll- und Ist-Zustand z. B. in Newslettern stärkt damit ebenfalls das Nachhaltigkeitsklima.

Es sollte beachtet werden, dass sich das Unternehmensklima nicht innerhalb von wenigen Monaten verändern lässt, sondern dass es eher die Vielzahl von Einzelmaßnahmen und die konsequente strategische Selbstverpflichtung des Unternehmens ist, die in einer längeren zeitlichen Perspektive das wahrgenommene Klima ändern.

Intention der Mitarbeitenden, sich nachhaltig zu verhalten

Das ökologische Mindset kann die Handlungsintention der Menschen beeinflussen. Damit ist der Wunsch oder die Motivation einer Person gemeint, das eigene Verhalten an Nachhaltigkeitszielen konsequent auszurichten. Es handelt sich um eine Art Absichtserklärung der Mitarbeitenden, bestimmte Handlungen auszuführen und andere wiederum zu unterlassen.

Besonders stark ist die Handlungsintention, wenn Mitarbeitende über ein ausgeprägtes ökologisches Mindset verfügen, wenn der Arbeitsplatz gut gestaltet ist und wenn das Thema Nachhaltigkeit im Unternehmen sichtbar gelebt wird. Wenn einer dieser Faktoren besonders schlecht ausfällt, wird die Handlungsintention besonders gering ausfallen, die drei Faktoren lassen sich also nicht kompensieren.

Belohnungssystem

 Anreizmöglichkeiten, die das Zeigen von nachhaltigem und ökologisch bewusstem Verhalten unterstützen, finden sich in drei Bereichen:

1. Green Performance Management: Dies bezieht sich auf die Berücksichtigung von Umwelt- und Nachhaltigkeitsaspekten in der Leistungsbewertung Ihrer Mitarbeitenden. Green Performance Management zielt z. B. darauf ab, den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen zu reduzieren, Abfall zu vermeiden und umweltfreundlichere Produkte und Prozesse zu entwickeln.


2. Green Pay & Reward System: Darunter versteht man ein System, bei dem eine finanzielle Belohnung oder ein Bonus für nachhaltiges Verhalten gezahlt wird. Es kann z. B. ein Programm sein, bei dem Mitarbeitende für die Verwendung ökologischer Transportmittel, den Verzicht auf Plastik oder das Einsparen von Energie belohnt werden. Ziel eines Green Pay Systems ist es, Verhaltensänderungen zu fördern und eine grünere Arbeitskultur zu schaffen.

Beispiele sind:

Ideenprämie: Wettbewerb, bei dem Mitarbeitende Ideen zur Verbesserung der Nachhaltigkeit im Unternehmen einreichen sollen. Die besten werden finanziell prämiert und ausgezeichnet.

Rad Challenge: Wettbewerb, bei dem Teams innerhalb eines vorher definiteren Zeitraums Kilometer sammeln, wenn sie mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen. Das beste Team wird prämiert.

Verbrauchsmonitoring: Durch den Einsatz von smarten Messgeräten Überwachung von z. B. Stromverbrauch ermöglichen. Die Einsparung kann ebenfalls mit Belohnungen verknüpft werden, sollte aber nicht kontinuierlich über einen langen Zeitraum erfolgen.

Finanzielle Unterstützung/Anreize: Firmentickets für den öffentlichen Nahverkehr, Fahrradbeitrag etc.

Wichtig bei diesen Maßnahmen ist, dass keine davon gut für eine dauerhafte Implementation geeignet ist, da es sonst zu Ermüdungserscheinungen (z. B. bei der Rad Challenge) kommt oder Grenzen der operativen Leistungsfähigkeit überschritten werden (z. B. beim Verbrauchsmonitoring). Green Pay und Rewards dienen dem Aufbau von neuen Verhaltensroutinen. Sobald diese vorhanden sind, sollten Belohnungs- und Anreizsysteme zurückgefahren werden.


3. Green Involvement: Unter Green Involvement versteht man die aktive Beteiligung von Mitarbeitenden an Maßnahmen zur Förderung der Nachhaltigkeit. Dies kann die Mitarbeit bei ökologischen Projekten, die Übernahme von Verantwortung für den Umweltschutz und den Einsatz für eine grünere Unternehmenskultur sein.

Nachhaltigkeitsroutinen im Unternehmen

Dieser Aspekt meint die konsequente Ausrichtung allen wirtschaftlichen Handelns an den strategischen Nachhaltigkeitszielen. Die Überprüfung der Geschäftspraktiken auf ihre Auswirkungen auf die Umwelt muss dabei regelmäßig auf der Tagesordnung stehen. Verbessert werden können diese Routinen durch:

1. Etablierung von Umweltzielen: Setzen Sie klare und messbare Umweltziele und entwickeln Sie Pläne zur Umsetzung dieser Ziele, die Sie konsequent nachhalten.

2. Überwachung und Messung: Überwachen und messen Sie die Fortschritte bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitsroutinen und passen Sie diese an, wenn nötig.

3. Partnerschaften und Zusammenarbeit: Arbeiten Sie mit Lieferanten, Kunden und anderen Stakeholdern zusammen, um Nachhaltigkeitsroutinen zu implementieren und zu verbessern.

4. Kommunikation: Kommunizieren Sie regelmäßig über die Fortschritte bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitsroutinen, um das Engagement der Mitarbeitenden und anderer Stakeholder zu fördern.

Nachhaltiges Handeln und Wirtschaften

Die Motivation bzw. die Absicht, sich nachhaltig zu verhalten, bedeutet noch nicht, dass Menschen ihre Ziele auch umsetzen. Eine Reihe von inneren Hindernissen und psychologischen Barrieren kann uns davon abhalten, das eigentlich gewünschte Verhalten zu zeigen.

Oft fällt es uns beispielsweise schwer, neues Verhalten entsprechend unserem eigenen Antrieb zu zeigen, da dies mit mehr Anstrengung und Aufmerksamkeit verbunden ist und unter Umständen auch länger dauert als gut eingeübte, „alte“ Verhaltensmuster. Gerade bei nachhaltigem Verhalten müssen wir so manches neu denken und uns immer wieder vergegenwärtigen, welches Verhalten welchen Nachhaltigkeitsnutzen hat. Das kostet viel mehr Kraft, als wenn wir einfach weitermachen, wie wir es gewohnt sind.

Psychologische Studien bestätigen diese Hürde und bezeichnen sie in der Regel mit dem Fluss „Rubikon“. Das „Rubikon“-Modell beschreibt demnach den Prozess von der anfänglichen Motivation bis hin zur Entscheidung, das gewünschte Verhalten zu initiieren. Sobald die Person den symbolischen „Rubikon“ überquert hat, wird sie aktiv und Handlungen werden eingeleitet. Umgangssprachlich kennen wir das auch unter dem Ausdruck „den inneren Schweinehund überwinden“: Man möchte z. B. mehr Sport treiben, schafft es aber nur mit großer Mühe, sich zum Sport im Alltag aufzuraffen. Sobald wir aber einmal damit angefangen haben, geht es oft wie von selbst.

Die Übersetzung von Handlungsabsichten in tatsächliches nachhaltiges Verhalten kann gerade am Anfang von zwei Seiten unterstützt werden: durch den Einsatz von Anreiz- und Belohnungssystemen sowie durch die Etablierung von Nachhaltigkeitsroutinen im Unternehmen.

Prof. Dr. Marcel Kern...

 

...ist Juniorprofessor für Angewandte Psychologie in Arbeit & Gesundheit an der Ruhr-Universität Bochum. In seiner Forschung untersucht er neben den Auswirkungen der ständigen Erreichbarkeit und beruflichen Smartphone-Nutzung am Feierabend die positiven Effekte von Stress sowie emotionale Arbeitsanforderungen in der Dienstleistung.

Aufgrund der engen Verbindung zwischen Ökologie und Gesundheit interessiert er sich zudem für die Förderung von nachhaltigem Verhalten in Unternehmen und befasst sich dabei insbesondere mit Implementierungshürden.

Foto: lovelyday12 – stock.adobe.com